Denkmalgerechte Sanierung eines Handwerkerhauses „Haus zum roten Schild“
Bauherr: Privat
Bauzeit: Herbst 2008 – Sommer 2009
Leistungsphase: 1-8
Vorgeschichte
Die Meienbergstraße in Erfurt bildet als ein innerstädtischen Abschnitt der alten europäischen Handelsstraße „Via Regia“ die Verbindung von der Krämerbrücke und dem Wenigemarkt im Westen zum Anger und der Kaufmannskirche im Osten. Die Straße war seit dem Mittelalter ein wichtiger Verkehrsweg im sog. Kaufmannsviertel, die ansässigen Händler und Handwerker wurden aber wiederholt Opfer von Stadtbränden, so zuletzt 1538:
„Freitags nach Lichtmess Nachmittag um 3 Uhr“, also am 8. Februar 1538, wurden die Gebäude in der „Meimergasse“ durch Feuer zerstört, darunter das Haus auf dem Grundstück Mercatorum 28; nur der mittelalterliche Gewölbekeller blieb bewahrt. Auf dem Grundstück „Mercatorum 28“ wurde bald nach 1538 wieder ein Haus errichtet und nach einem Hauszeichen als „Haus zum Roten Schild“ benannt. Ein Handwerkerhaus aus dem 16. Jahrhundert, das mittelalterliche Vorgängerbauten ersetzte, bildet also den Kern des „Hauses zum Roten Schild“. Anders als die benachbarten Bauten, die im 19. Jahrhundert verändert wurden, blieb der verputzte Fachwerkbau – ein typisches Handwerkerhaus – in Kubatur, Raumaufteilung und Geschoßhöhen erhalten.
Details auf http://www.meienberg.de .
Problematik
Die Bausubstanz des Wohngebäudes war durch die tonnenweise Verwendung von Verkleidungsmaterialien nur sehr schwierig ein zu schätzen. Aufgrund der extremen Schiefstellungen gingen wir von einem hohen Schädigungsgrad aus. Zu Recht! Im Rahmen der Konstruktionsfreilegung stellte sich heraus, dass das Gebäude nur zwei eigene Außenwände besaß – die Giebelseiten stützten sich über abenteuerliche Konstruktionen auf den Nachbargebäuden ab! Die Deckenbalken waren zu großen Teilen gebrochen und deutlich sichtbar als systemlose Notkonstruktionen erkennbar, zudem waren sie mit bis zu 40 cm (nachträglich eingebrachten) Ausgleichskonstruktionen aufgefüttert. Eine spätere Aufstockung erfolgte in Fachwerkbauweise, jedoch ohne jegliche Holzverbindung. Die Außenwand wurde nur durch Nägel und die Nachbargebäude gesichert. Der Dachstuhl war an vielen Stellen bereits gebrochen und besaß extreme Durchbiegungen. Ein späterer Anbau (aus DDR Zeiten) verdeckte die ehemalige Fachwerkaußenwand nach Süden.
Zielstellung
In enger Kooperation mit den Denkmalbehörden sollte das Handwerkerhaus behutsam und in tradierter Bauweise saniert werden und wieder als Familienwohnhaus dienen.
Ausführung:
„die bauhütte“ wurde durch die Bauherren mit dem Entwurf, der Ausführungsplanung, Ausschreibung und Bauüberwachung beauftragt. Die Arbeiten begannen im Herbst 2008 und wurden im Sommer 2009 abgeschlossen. Die frühneuzeitliche Fachwerkkonstruktion wurde in erheblichem Umfang, aber ausschließlich in tradierter Bauweise erneuert, ebenso der Dachstuhl; der mittelalterliche Keller blieb vollständig erhalten. Als Baustoffe kamen auf den historischen Bestand abgestimmte Materialien zum Einsatz: Lehm- und Kalkputze, Kalkfarben, handgefertigte Tonfliesen und Holzdielen. Alle historischen Baudetails wurden restauriert bzw. rekonstruiert, der neue Anbau stellt sich als bewusst modernes Element dar. Bei der Haustechnik wurden innovative Maßstäbe gesetzt: Eine Wärmepumpe ergänzt mit einer Photovoltaikanlage stellen den neuesten Stand der Technik in Verbindung mit historischer Bausubstanz dar.